S. Horst 

Im Münchner Hochbegabungsmodell (von Heller) werden - wie in vielen anderen Hochbegabungsmodellen (z.B. von Renzulli, Gagné) - bei den Begabungsfaktoren, denen bei besonders Begabten große Relevanz zukommt "kreative Fähigkeiten" und "künstlerische Fähigkeiten" genannt. Schreibformen, die es den Lernenden ermöglichen beim Verfassen von Texten ihre Kreativität in hohem Maße einfließen zu lassen, sollten deshalb bei der Unterrichtsgestaltung für besonders Begabte nicht vernachlässigt werden. Weil die beim kreativen Schreiben zugestandene Offenheit und Freiwilligkeit die Motivation dieser Schreiber erstaunlich fördern kann, ist gerade kreatives Schreiben gut geeignet, deren Freude am Schreiben zu erhöhen. Zudem wird größter Wert auf den individuellen Schaffensprozess gelegt.

 

Besonders Begabte können aufgrund des zugestandenen Freiheitsgrads und der Wertschätzung der individuellen Imaginationsfähigkeit eine nachhaltige Motivation erfahren: Indem sie selbstständig aus ihrem Repertoire an Schreibmustern auswählen sollen, können sie ihre spezifischen Interessen einbringen und die Funktion des Textes entsprechend aussuchen.

Die Anregung, für die Textproduktion den Computer zu verwenden, wird darüber hinaus von einigen Schülerinnen und Schülern sehr positiv honoriert, so dass mittels der Faszination für die Medien die eigenverantwortliche Schreibbereitschaft gesteigert wird. Zudem bietet sich das Arbeiten mit dem Portfolio an. V.a. das E-Portfolio kommt den Lernenden entgegen, die an der Nutzung digitaler Medien besonders interessiert sind.

Dass die eigenen psychischen Gegebenheiten eingebracht werden können, stärkt wiederum das Selbstvertrauen der Mädchen. Da Sensibilität für die optischen Vorgaben und das Sich-Hineinversetzen in die Atmosphäre eines Bildes grundlegende Korrekturkriterien für kreative Schreibprodukte darstellen, erhält das Empathievermögen als Stärke der Mädchen große Anerkennung. Die Bilder verlangen nach subjektiver Annäherung und Deutung. Zudem erfordert die individuelle Gestaltung des Textes, dass eigene Erfahrungen und Interessen eingebracht werden müssen.

(Zum Thema "Kreatives Schreiben als gendergerechte Schreibförderung" siehe auch auf dem ALP - Portal "Gendersensibel unterrichten" unter "Unterricht/Unterrichtsgestaltung/Sprachen") 

Eine sensible, gründliche Heranführung an die Autonomie der Kunst mit möglichst vielen unterschiedlichen Schreibimpulsen wird dem größeren Bedürfnis besonders Begabter nach Erläuterung und Anhaltspunkten, aber auch der Prozesshaftigkeit der Schreibkompetenz gerecht. Zudem sollte das allen Lernenden wichtige Feedback zur Selbsteinschätzung im Rahmen einer Lesung vor der eigenen oder einer fremden Klasse oder am Schulfesten erfolgen.

Kreatives Schreiben ist nicht nur eine handlungs- und produktionsorientierte Alternative zum traditionellen Schreibunterricht im Fach Deutsch. Es bietet offensichtlich eine Plattform für individualisierenden Unterricht und kann damit der Schreibförderung besonders Begabter dienen.  Zum Dokumentieren, Präsentieren, Reflektieren und Überarbeiten der Texte bzw. Portfolios können verschiedene Sozialformen (wie Partnerarbeit, Karusselldiskussion, Schreibkonferenz…) kommunikativ genutzt werden. Gelungene Textbeispiele mit fremden Perspektiven können auch die Reflexion des eigenen Wahrnehmungs- und Schreibprozesses anreizen.

Ein entsprechendes Unterrichtsbeispiel finden Sie unter Unterrichtsbeispiele / Deutsch.